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Richard Bents und Reiner Blank übertrugen den MBTI ins Deutsche


Basel (KEN). Der Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI) gilt in den USA als das am meisten genutzte Persönlichkeitsinventar. Es wird im Einzelcoaching genutzt, aber auch in der Betreuung ganzer Konzerne wie IBM und Siemens. In den 90er Jahren wurde das Instrument von Dr. Reiner Blank (Hamburg) und Professor Richard Bents (Minnesota, USA) ins Deutsche übertragen. Unterschiede befruchten auch hier die Entwicklung. Ein Interview.

Frage: Der Amerikaner ist bevorzugt extrovertiert mit sinnlicher Beurteilung, der Deutsche introvertiert, nimmt intuitiv wahr und beurteilt gefühlsmäßig. Über den Schweizer liegen für solche Urteile noch nicht genug Daten vor. Aber theoretisch ist es bereits möglich, mit einem Persönlichkeitsinventar wie dem MBTI die Bevölkerung nach Postleitzahlen oder gar landesweit nach Typen zu durchleuchten. Wie begegnen Sie den Bedenken, dass MBTI auch den "gläsernen Mitarbeiter" schafft?

Bents: Meistens wird der MBTI genutzt, um Teams zu entwickeln und die Kommunikation zu verbessern. Die Einzelheiten, die das Inventar darüber hinaus offenbart, werden ausschließlich dem Betroffenen mitgeteilt. Es ist unnötig, dass die Gruppe alle Details der Mitglieder kennt. Wenn jemand Assessments mit dem MBTI unterstützen möchte, dann liegt ein anderer Kontext vor, dem alle Beteiligten zustimmen sollten.

Frage: Werden Werbeagenturen Ihre Daten abrufen können, um Produktlinien an die Persönlichkeitsmerkmale ihrer Zielgruppe anzugleichen?

Blank: Das ist nicht unser vorrangiges Ziel, sondern ein Nebeneffekt, den wir bereits erlebt haben: Eine deutsche Zeitschrift konnte sich nicht platzieren. Wir untersuchten die Zielgruppe und stimmten das Lay-out auf sie ab. Es wunderte uns überhaupt nicht, dass die Zeitschrift dann Erfolg hatte. Typologien sind also durchaus nützlich, um eine Zielgruppe differenzierter zu betrachten. Wir helfen, besser zu kommunizieren. Und Marketing ist schließlich zu 90 Prozent Kommunikation.

Frage: Wäre es möglich, Thomas Gottschalk und seine Anhänger mit dem MBTI zu analysieren und dann Produkte auf sein Millionen-Publikum abzustimmen?

Bents: Ja. Natürlich, genauso wie wir herausfinden können, wer MBTI-Lizenzierungs-Workshops besucht und uns darauf einrichten. Ich behaupte jedoch, dass das gesamte Potenzial des MBTI international noch nicht ausgeschöpft ist, obwohl der MBTI schon so alt ist.

Frage: Bedeutet das auch, dass Sie neue Skalen entwickeln und die bisherigen Daten zusätzlich interpretieren könnten?

Bents: Mit dem MBTI plus, das den Antwortbogen noch etwas differenzierter auswertet, haben wir das Maximum an Aussagen sehr wahrscheinlich erreicht. Wir müssten dem Bogen weitere Items hinzufügen, um zusätzliche Aussagen treffen zu können.

Frage: Welchen Nutzen hat der MBTI für Schüler und Jugendliche?

Bents: Die deutsche Version, mit der wir arbeiten, ist zuverlässig bei Leuten über 15 Jahren. Die meisten Persönlichkeitsinventare sind ab diesem Alter einsatzfähig. Es gibt von anderen Autoren ein Inventar speziell für Kinder.

Frage: Sie sagten im Workshop, dass die Präferenzen sich im Laufe des Lebens nur in ihrer Ausprägung ändern. Warum gibt es dann Inventare für unterschiedliche Altersstufen?

Blank: Kinder spielen. auf sehr vielen dieser Funktionen, die mit dem MBTI gemessen werden. Erst wenn sie älter werden, neigen sie sich den unterschiedlichen Präferenzen dominant zu. Das Problem ist nicht diese natürliche Entwicklung des Kindes, sondern die Umwelt. Sie projiziert ihre Erwartungen auf das Kind. Eltern haben bereits Präferenzen, ebenso die Lehrer, und dementsprechend bilden sie aus.

Frage: Sie unterscheiden 16 Profile, wie kann sich ein Lehrer auf so viele Unterschiede einstellen?

Bents: In den USA sind die Lehrer bereits offener für die Typenlehre, und sie gestalten ihren Unterricht entsprechend . mit großem Erfolg. Das ist eine Frage der Routine.

Frage: Könnte man Steffi Graf auf Grund der MBTI-Daten modellieren und so ähnlich erfolgreiche Tennisspielerinnen ausbilden?

Bents: Nein, das widerspräche der Theorie, auf die der MBTI baut: Jeder Mensch ist eine individuelle Persönlichkeit. Vielleicht kann man das Verhalten Steffi Grafs modellieren und ihre Fähigkeiten im Tennis übernehmen, aber ihre Führungseigenschaften wird man dadurch kaum erhalten.

Blank: Andererseits ist es durchaus möglich, den Erfolgsfaktor einer Fußballmannschaft herauszuarbeiten. Wenn in einem Team viele

Mitglieder bevorzugt nach Unabhängigkeit streben, dient es dem Teamgeist sicher, wenn jeder die Präferenzen des anderen kennt.

Auch geschehen die meisten Flugzeugabstürze nicht aus technischen Gründen, sondern weil die Kommunikation im Cockpit nicht stimmt. Die Auswertung der Blackbox eines abgestürzten Flugzeuges ergab, dass der Pilot sehr introvertiert war und innerlich irgendwelche Gedanken verarbeitete, statt mit seinem Co-Piloten zu sprechen und das Flugzeug zu retten. Beim Austausch im Cockpit gibt es einen enormen Trainingsbedarf. Schließlich hängt davon das Leben vieler Hundert Menschen ab.

Frage: Welches Persönlichkeits- und Menschenbild liegt dem MBTI zu Grunde?

Blank: Viele Projekte scheitern an der Unterschiedlichkeit der Beteiligten. Wir gehen von einem Synergiemodell aus: Wie können Unterschiede zu einem Großen und Ganzen beitragen? Unser Menschenbild geht davon aus, dass man nicht versucht zu manipulieren, sondern Integration und gemeinsame Entwicklung anstrebt. Unser Modell ist somit ein Entwicklungsmodell, und Unterschiede befruchten die Entwicklung.

Frage: Was unterscheidet MBTI von anderen Werkzeugen?

Bents: Viele Entwicklungswerkzeuge behaupten Aussagen darüber, wo jemand steht und wie jemand ist. Sie sind beschreibend. MBTI kann dagegen als regelnd und steuernd charakterisiert werden. Wer die Präferenzen einer Person kennt, weiß auch, wie sie Informationen aufnimmt, verarbeitet und sich verhalten wird. Unser Instrument baut zudem auf einer wissenschaftlichen Theorie auf. C. G. Jungs Lehre ist äußerst umfassend und ermöglicht viele abgesicherte Aussagen. Und schließlich ist der MBTI ein sehr strenges Instrument. Es gibt kein Persönlichkeitsinventar mit einem so hohen Standard in dieser Verbreitung.

Frage: Wie überprüfen Sie die soziale Kompetenz der MBTI-Berater?

Blank: In unseren Lizenzierungs-Workshops bilden wir nach internationalen Standards aus. Wir ermutigen die Teilnehmer, das Instrument anschließend auch wirklich anzuwenden. Sie können uns anrufen und uns um Rat fragen. Auch die Deutsche Gesellschaft für angewandte Typologie (DGAT), in der MBTI-Berater Mitglied werden können, sorgt für einen Austausch und damit für den hohen Qualitätsstandard. Und MBTI-Materialien werden über einen Fachverlag vertrieben. All das sind Schlüsselfaktoren für eine hohe Qualität.

Frage: Was können Sie noch verbessern?

Blank: Viel mehr ist kaum möglich, denn nach der Lizenzierung sind die Berater frei, den MBTI anzuwenden. Damit haben wir keine Kontrolle über deren Arbeit. Der Vorteil ist aber auch, das wir vor allem mit den Leuten zusammenarbeiten, die den MBTI auch nutzen. Wir nennen Sie .A-User.. Fragt uns jemand nach einem MBTI-Berater, nennen wir ihm gerne A-User, da sie das Instrument beherrschen. Wir erkennen die aktiven Mitglieder in diesem Netzwerk daran, dass sie uns Antwortbögen schicken. Und ein hoher Nutzungsgrad ist für uns immer auch ein Zeichen von Qualität.

Frage: Wie lange dauert es, bis jemand den MBTI zuverlässig einsetzt?

Bents: Manche Berater sind nach zehn Auswertungen sehr gut und sicher, andere brauchen vielleicht 40 oder 50. Eine der Empfehlungen für die Lizenzierung sind Erfahrungen in der Personalentwicklung. Manche kennen schon andere Instrumente. Sie wenden den MBTI im Einzelcoaching an, andere nutzen es in der Teamentwicklung und werten gleich 15 oder mehr Antwortbögen aus.

Frage: In Deutschland gibt es den MBTI seit zehn Jahren. Warum führen Sie ihn erst jetzt in der Schweiz ein?

Blank: Wir wollten zunächst die Akzeptanz des Instrumentes sichern und Materialien entwickeln, mit denen wir und die Lizenznehmer arbeiten können. Dann haben wir abgewartet, das unabhängig von unserem Netzwerk die DGAT stand, die inzwischen über 200 aktive Mitglieder zählt. In den letzten sieben Jahren ist die Nachfrage nach dem MBTI zudem gewachsen. PAMCO betreut den MBTI in der Schweiz, Denise Bondt ist eine Psychologin nach C.G. Jung und auch kompetent in der Anwendung anderer Instrumente. Kompetenz ist uns wichtiger als Funktionen zu besetzen.




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